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Auch vier Monate nach dem coronabedingten „Lockdown“ ist bei den Feuerwehren noch längst kein Alltag eingekehrt. In der „systemrelevanten Einrichtung“ gelten nach wie vor besondere Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen. Doch ein Meilenstein ist seit kurzem erreicht: Die Feuerwehren dürfen wieder Übungsdienste veranstalten.

Die Stadtfeuerwehr Kreuztal orientiert sich ganz am kreisweit einheitlichen Konsens: Pro Übung dürfen maximal zehn Personen zusammenarbeiten. Diese Gruppen sind fest definiert, dürfen sich im Übungsbetrieb nicht durchmischen und müssen zwischen jedem Treffen zwei Wochen verstreichen lassen. Großübungen und Gemeinschaftsveranstaltungen sind nach wie vor tabu, die große Herbstübung und der anschließende Kameradschaftsabend sind längst abgesagt, und auch sonst läuft das Miteinander coronabedingt auf Sparflamme. Im Löschzug Kreuztal beispielsweise, der größten Einheit in der Stadtfeuerwehr Kreuztal, hat Einheitsführer Swen Schneider vier Übungsgruppen definiert und für selbige einen neuen Dienstplan geschrieben. Er stellt nach dem ersten Durchlauf des Zwei-Wochen-Rhythmus erleichtert fest: „Die, die da sind, sind zu 100 Prozent motiviert.“ In der Löschgruppe Eichen ist die Beobachtung ähnlich. Einheitsführer Nico Gieseler: „Die Motivierteren sind in der Regel die Jüngeren. Nach 16 Wochen sind sie froh, sich mal wieder jenseits von Einsätzen im Feuerwehrdienst mal wieder zu sehen.“ Gerade für sie sei es besonders wichtig, nicht aus der Routine zu kommen. Nach den ersten Ausbildungsmodulen müsse frisch erworbenes Wissen durch praktisches Training gefestigt werden. Akzeptieren müsse er andererseits aber auch die Entscheidung von Kameraden, die noch nicht zu Übungsdiensten bereit seien, weil ihnen die Zusammenkunft zu diesem Zeitpunkt noch zu heikel erscheine. Diese Haltung entspricht übrigens der Vorsicht, zu der Kreuztals Wehrführer Berthold Braun zu Beginn des Lockdowns geraten hatte: Jugendfeuerwehrmitglieder ab 16, die im Normalfall bis zur regulären Übernahme in die Einsatzabteilung schon bei den „Großen“ mitmachen dürfen, sollen nach wie vor dem Übungs- und Einsatzdienst fernbleiben. Auch den Kameraden in der Risiko-Altersgruppe legte die Feuerwehrführung im März nahe, sich im Feuerwehrdienst zurückzuhalten, so lange Corona akut sei. Nach wie vor gültig ist der Alarmplan, dass bei Einsätzen zur Tragehilfe, also zur Unterstützung des Rettungsdienstes beim Abtransport von Patienten, nur die Löschgruppe Eichen mit einer vordefinierten Mannschaft stadtweit eingesetzt wird – alles aus Sicherheitsgründen rund um Corona.

Lücken in der Urlaubszeit

In der Löschgruppe Kredenbach am östlichen Ende von Kreuztal bedeuten die neuen Corona-Dienstpläne eine geringere Übungsbeteiligung als üblich: Neue Wochentage wurden für Übungen auserkoren, die nicht für jeden möglich sind, die Urlaubszeit tut ihr Übriges dazu. Doch Einheitsführer Jan Kleine bestätigt auch: „Bei dem einen oder anderen habe ich schon gemerkt, dass er sich wieder freut, zur Feuerwehr kommen zu dürfen.“ Die Nachbareinheit in Ferndorf verzichtet indes bis zum Ende der Sommerferien auf einen regulären Übungsbetrieb: Angesichts der Urlaubszeit sei dieser, zumal in kleinen Gruppen vordefiniert, nicht wirklich sinnvoll aufrechtzuerhalten. Klar sei jedoch, so Ferndorfs Einheitsführer Dirk Werthenbach, dass die Wartung von Gerätschaften ebenso wenig vernachlässigt werde wie die ständige Einsatzbereitschaft.

Keiner soll nach Hause gehen

In der Löschgruppe Osthelden, der kleinsten in Kreuztal, arrangieren sich die 14 einsatzfähigen Kameraden mit einer Übungsgruppe und sprechen sich so ab, dass, wenn möglich, kein Feuerwehrmann wieder nach Hause geschickt werden muss, weil die Gruppe zu groß wäre. Doch auch hier wie in allen Einheiten wird der Wunsch nach einem Miteinander jenseits von Dienst und Arbeit laut: Die Plauderstunde nach offiziellem Dienstschluss in gemütlicher Runde ist laut offizieller Dienstanweisung nach wie vor untersagt.

„Der eine Kamerad bringt mehr Verständnis für die gegenwärtigen Maßnahmen mit als der andere“, weiß Kreuztals Feuerwehrchef Berthold Braun um die geteilten Meinungen rund um die coronabedingten Beschränkungen im aktiven Feuerwehrdienst; „es ist mir schon klar, dass dies im Moment eine ganz bescheidene Zeit ist“, so der Leiter der Feuerwehr weiter. Doch es gelte vorzubeugen, dass im Falle einer Corona-Erkrankung einer Einsatzkraft gleich die ganze Einheit in Quarantäne geschickt und damit die Einsatzbereitschaft in Frage gestellt werden müsse. Mit Sicherheit leide der Zusammenhalt unter den aktuellen Bedingungen ein wenig. Die sichtbaren Beschränkungen im Feuerwehrdienst sind schnell erklärt: Der Mund-Nase-Schutz ist im kompletten Feuerwehrdienst Pflicht; wenn bei Übungen nicht sowieso Arbeitshandschuhe getragen werden, sollen Einmal-Handschuhe eine mögliche Virenübertragung verhindern. Das Abwischen von benutzten Gerätschaften bis zum Fahrzeuglenkrad gehört ebenfalls zu den Erfordernissen wie die Benutzung der neu beschafften Desinfektionsspender in jedem Gerätehaus. In der aktuellen Jahreszeit bleibt das Betreten der Schulungsräume tabu. Schließlich müssen die Sanitäranlagen nach jedem Übungsdienst durch bezahlte Kräfte gereinigt werden.

Neue Konzepte nach den Ferien

Noch entwickelt werden müssen indes die Konzepte zur Fortsetzung der Übungsdienste in den Kinder- und Jugendfeuerwehreinheiten nach den Ferien: In diesen Abteilungen warten in Kreuztal 200 Mädchen und Jungen darauf, dass sie ihre Feuerwehrbegeisterung endlich wieder gemeinsam ausleben können.

Zu den positiven Randerscheinungen von Corona dürfte übrigens auch in Kreuztal zählen, dass nicht so viel passiert wie zu „normalen“ Zeiten. Wehrführer Berthold Braun: „Das Einsatzaufkommen ist jedenfalls in den letzten Monaten entschieden geringer gewesen als im Vergleichszeitraum vergangener Jahre. Vielleicht sind die Menschen sensibler und vorsichtiger geworden.“ bjö


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