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Die ThyssenKrupp AG hat auf Anfrage der Siegener Zeitung bestätigt, dass sie darüber nachdenke, die Werkfeuerwehr von ThyssenKrupp Steel Europe im Werk Eichen in eine Betriebsfeuerwehr umzuwandeln. Die "angedachte Veränderung" würde "trotz nahezu gleicher Schutzwirkung gegebenenfalls zu einer Kostensenkung führen", so Unternehmenssprecher Olaf Winter in einer Pressemitteilung. Die Werkfeuerwehr in Eichen ist von der Bezirksregierung in Arnsberg seit Jahren anerkannt, aber nicht angeordnet. Nimmt die Aufsichtsbehörde die Anerkennung zurück, wäre fortan die öffentliche Feuerwehr, also die Stadtfeuerwehr Kreuztal, bei jedem Einsatz im Werk in der Verantwortung. Eine Betriebsfeuerwehr - in welcher Form auch immer - könnte die Stadtfeuerwehr unterstützen, ist aber derzeit gesetzlich gar nicht definiert. In der jetzigen Eichener Werkfeuerwehr arbeiten acht hauptamtliche Feuerwehrleute. Über 80 Werksangehörige sind zudem freiwillige Mitglieder der Werkfeuerwehr, die - je nach Schicht und Verfügbarkeit - die hauptamtlichen Kräfte bei Einsätzen unterstützen können.

Arnsberg kennt die Pläne

"Wir kennen die Überlegungen des Unternehmens", bestätigte Christoph Söbbeler, Pressesprecher der Bezirksregierung Arnsberg, auf Anfrage; ein konkreter Antrag dazu liege aber noch nicht vor. Auch Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß weiß offiziell von derlei Ansinnen noch nichts. Er verweist auf den aktuell gültigen Brandschutzbedarfsplan der Stadt Kreuztal, in dem auch die Zusammenarbeit mit der Werkfeuerwehr Eichen geregelt sei. Diese habe in den vergangenen Jahren "ganz hervorragend" funktioniert. Der Bürgermeister würde es begrüßen, wenn der Konzern eine Lösung für den Brandschutz im Werk Eichen finden könnte, die eine derartige Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen Werk- und städtischer Feuerwehr ermögliche.
 
Hauptamtliche bangen um ihre Jobs
 
Dass die derzeit acht hauptamtlichen Feuerwehrleute der Eichener Werkfeuerwehr um ihre berufliche Zukunft bangen, wurde bereits auf einer Betriebsversammlung im Eichener Hammerhaus vor wenigen Tagen spürbar: "Stell dir vor, es brennt und keiner geht hin", war dort auf einer Folie an einem Fahrzeug der Werkfeuerwehr zu lesen, das vor der Versammlung geparkt war. Ein weiteres Banner auf der Tribüne des Werksgasthauses nahm den Slogan des Betriebs auf und führte ihn weiter: "Null Unfälle, keine Brände - null Feuerwehr, keine Sicherheit". Die hauptamtlichen Wehrleute haben auch jenseits von Notfällen in ihren Schichten genug zu tun: Mit ihren Kenntnissen in Sicherheitsfragen seien sie "hochspezialisierte Arbeitskräfte", so Uwe Senff, Feuerschutz-Sachbearbeiter in der Bezirksregierung Arnsberg, die vor allem mit der Wartung und Überwachung von sicherheitsrelevanten Anlagen und Techniken im Werk betraut sind.
 
Kreisbrandmeister: "Das ist schon eine Krücke"
 
Kreisbrandmeister Bernd Schneider reagierte auf die Meldung über die angedachte Umwandlung der Eichener Werk- in eine Betriebsfeuerwehr unmissverständlich: "Das ist schon eine Krücke, die sie da jetzt bauen." Der Begriff "Betriebsfeuerwehr" sei in der derzeit gültigen Fassung des Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetzes gar nicht verankert und damit gesetzlich nicht geregelt. Die öffentliche, also städtische Feuerwehr habe daher bei einem Einsatz auf dem Werksgelände "den Hut auf", so Schneider, wenn werksseitig nur noch eine Betriebsfeuerwehr vorgehalten werde. Bei der bislang existierenden Werkfeuerwehr hingegen sei deren Leiter auch Einsatzleiter und damit weisungsbefugt. Eine Betriebsfeuerwehr könne im Einsatzfall die öffentliche Feuerwehr lediglich unterstützen. Dies sieht Uwe Senff, Feuerschutz-Sachbearbeiter im Dezernat 22 der Bezirksregierung in Arnsberg, genauso: Eine Betriebsfeuerwehr könne nur als "Unterstützungskraft" fungieren. Ihre Existenz basiere auf einer "rein freiwilligen Leistung eines Unternehmens". Aus Gesprächen mit dem Konzern sei aber herauszuhören, dass "der Zug wohl in diese Richtung gehen" werde, so der Experte des Regierungspräsidiums.
 
Mehr Arbeit für die Stadtfeuerwehr
 
Für die Kreuztaler Stadtfeuerwehr könnte die Herabstufung der Eichener Werk- in eine Betriebsfeuerwehr daher einen Zuwachs am Einsatzaufkommen bedeuten: Selbst bei kleineren Zwischenfällen im Werk, die bislang von der Werkfeuerwehr abgearbeitet werden konnten, müssten die ortsansässigen Feuerwehreinheiten mit ausrücken. Auch die Brandmeldeanlagen, die bislang werksintern auflaufen, müssten auf die Kreisleitstelle in Siegen geschaltet werden und würden bei einem Alarm die öffentliche Feuerwehr auf den Plan rufen. Mehrere Dutzend Einsätze jährlich müsste die Stadtfeuerwehr so möglicherweise zusätzlich absolvieren. Ganz zu schweigen von der Ortskenntnis und dem Wissen über das Gefahrenpotenzial im Werk, die sich die freiwilligen Feuerwehrleute durch Begehungen und Übungen aneignen müssten. Welche Lösung des werkseigenen Brandschutzes der Konzern letztlich  beschließt, bleibt abzuwarten. Auf die gestrige Anfrage der SZ, ob der personelle Abbau der hauptamtlichen Stellen der Werkfeuerwehr geplant sei und wie Kosteneinsparungen im Bereich Feuerwehr aussehen könnten, wollte sich der Konzern nicht äußern. 
 
Fakten zur Werkfeuerwehr
 
Die Werkfeuerwehr der ThyssenKrupp Steel Europe in Eichen ist eine von der Bezirksregierung Arnsberg anerkannte Feuerwehr mit acht hauptamtlichen Feuerwehrleuten und über 80 nebenberuflichen Helfern, die allesamt Beschäftigte des Unternehmens sind und im Einsatzfall über Funkmeldeempfänger in den Einsatz gerufen werden können. Die Werkfeuerwehr verfügt über fünf eigene Feuerwehrfahrzeuge, darunter ein Hilfeleistungslöschfahrzeug und ein Krankentransportwagen nebst Mannschaftstransportfahrzeug, Kommandowagen und Einsatzleitwagen. In den vergangenen Jahren hatte der Betrieb viel Geld und Aufwand investiert, um die sächliche und personelle Ausstattung der Werkfeuerwehr zu verbessern. Dazu zählten auch Anreizsysteme, mit denen Betriebsmitarbeiter für den freiwilligen Dienst in der Werkfeuerwehr motiviert und gewonnen werden konnten. 2009 bezog die Werkfeuerwehr ein neu errichtetes Feuerwehrgerätehaus auf dem Eichener Werkgelände. Im gleichen Jahr wurde Jens-Volker Hein, ehemals stellvertretender Wehrführer der Stadtfeuerwehr Kreuztal, Leiter der Werkfeuerwehr. bjö

Bilder

Das Foto zeigt die Werkfeuerwehr bei der Herbstübung gemeinsam mit der Stadtfeuerwehr Kreuztal im Herbst 2011. Im Hintergrund das HLF der Werkfeuerwehr.