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„Ein Leben ohne Stadthalle ist in Kreuztal nicht vorstellbar“, stellte Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß gestern vor der Brandruine der einstigen Stadthalle, die fortan Bürgerforum heißen sollte, klar. Zwar werde es mehrere Jahre dauern, bis die Bürger in einem Neubau auf ihre „gute Stube“ anstoßen können; aber der Wille zum Neuaufbau klang unmissverständlich.

Wiedereröffnung zum Jahreswechsel geplant

„Wir hätten spätestens im Januar eröffnet, und das Programm stand auch schon“, skizzierte er die bisherigen Hoffnungen auf einen Neustart in der erweiterten Halle, einer multifunktionalen Mischung aus Kulturstätte und Schulaula. Sogar von der „Kathedrale des Schulzentrums“ war im Jahr 1990 die Rede, als das architektonisch reizvolle Oktogon (Achteck) feierlich mit einem Konzert eröffnet worden war. 3,4 Millionen Mark waren damals in den Neubau investiert worden, in dessen aktuelle Erweiterung bislang 3 Millionen Euro geflossen sind. Doch all dies ist nun Makulatur angesichts der Tatsache, dass ein Abriss unumgänglich ist. „Der Abbruch wird relativ zügig erfolgen“, stellte Kiß klar – vorbehaltlich genauer Prüfung, welche gerade erst errichteten Teile möglicherweise doch stehenbleiben könnten. Die eigentliche Halle ist angesichts des nach innen eingestürzten Dachs definitiv nur noch ein Fall für den Bagger.

Brandstelle beschlagnahmt

Allerdings: „Zunächst mal können wir gar nichts machen“, erläuterte Kiß angesichts der Tatsache, dass die Polizei den Brandort bis auf weiteres beschlagnahmt hat. Währenddessen forschten zwei Brandermittler gestern auf dem Dach nach der Ursache für das gewaltige Feuer, das in jedem Fall zu einem Zeitpunkt ausbrach, als Arbeiten auf dem Dach im Gange waren.  

Frust bei den Planern

Nicht nur reichlich Arbeit, sondern auch „viel Liebe“ hätten die städtischen Planer, allen voran Frieder Bosch, in die Pläne zur Erweiterung der Stadthalle investiert. Wenn Gutachter und Versicherungen grünes Licht geben, kann eine Neuplanung beginnen: „Die haben alle gut zu tun jetzt“, bestätigte Walter Kiß das große Arbeitspensum gleich mehrerer städtischer Verwaltungsbereiche angesichts des Totalverlusts. Ein Lob sprach er der Feuerwehr aus, die „mal wieder perfekt organisiert“ gewesen sei und verhindert hätte, dass die benachbarten Schulgebäude größere Schäden davontrugen als ein paar geborstene Scheiben und damit vom Rauch beaufschlagte Räume.

Einige Räume bleiben leer

Die Gesamtschule mied gestern ihren gesamten „Altbau“ für den Schulbetrieb – die Oberstufenschüler und Zehntklässler schrieben ihre Klausuren im neuen Gebäudetrakt. Die mündlichen Abiturprüfungen am Gymnasium nebenan fanden gestern allesamt in dessen südlichem Teil des Schulgebäudes statt – also weit entfernt von jenen Räumen, die durch Rauch und Ruß beschädigt sind. Dazu zählt der naturwissenschaftliche wie künstlerische Bereich – „genau die Fachräume, das ist natürlich ärgerlich“, kommentierte Schulleiter Thomas Grütz die Situation. Gestern Nachmittag stand für ihn noch nicht fest, welche Ausfälle von regulärem Unterricht die Gymnasiasten in den nächsten Tagen hinnehmen müssen – möglicherweise in Form von Distanzunterricht, wie er bereits für den heutigen Mittwoch angeordnet ist. Als „absolute Katastrophe“ beschreibt der Oberstudiendirektor den Brand aus Sicht seiner Schule, die gehofft hatte, dass sie bald für besondere Gelegenheiten wieder in ihre Schulaula zurückkehren könnte. Nicht weniger bestürzt zeigte sich der Gesamtschulleiter Christian Scheerer: „Ich finde das sehr schade, weil ich mich auf die Stadthalle gefreut habe – nicht nur als Schulleiter, auch als Kreuztaler.“

35 Jahre Arbeit in Flammen aufgegangen

„Das ist mir etwas aufs Gemüt geschlagen, wenn 35 Jahre Arbeit in wenigen Stunden in Flammen aufgehen“, resümierte Kreuztals Kulturausschussvorsitzender Jochen Schreiber am Telefon vom Urlaubsort Borkum aus die traurige Nachricht; „wir hätten die Halle für die nächsten drei Jahrzehnte sicherlich wieder fit machen können.“ Er erinnerte daran, dass die Stadthalle in den 80er-Jahren als „Aula für die drei Schulen“ konzipiert worden sei. „Nur durch Zufall haben wir da eine Hubbühne reingekriegt“, erinnert er sich daran, dass die Eichener den Stadtplanern in ihrer Vereinsturnhalle vorgemacht hatten, wie eine höhenverstellbare Bühne funktionieren könnte.

Bei aller Traurigkeit auch jener Bürger, die sich gestern nach dem Brand kopfschüttelnd vor der Ruine an rauschende Feste in der Halle erinnerten, scheint die Entschlossenheit für einen Neuanfang unzweifelhaft. Schulleiter Thomas Grütz brachte es auf den Punkt: „Wir haben Corona geschafft, jetzt schaffen wir auch noch das.“ bjö

 

 


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