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Die 10-jährige Alena ist überzeugt: Sollte der Rauchmelder, den sie bei der Kreuztaler Feuerwehr gerade ausprobiert hat, einmal unter ihrem Kopfkissen Alarm schlagen, wird sie dies deutlich stärker spüren als ihren Wecker. Doch wach wird Alena dann nicht durch Piepen oder Klingeln, sondern durch ein "unüberfühlbares" Vibrieren. Außerdem sendet der Rauchmelder grelle Lichtblitze in die Umgebung, die in der Dunkelheit ausreichen, um auch sie zu wecken. Alena Becovic trägt zwei Chochlea-Implantate. Ohne sie wäre sie taub - wie viele Mitglieder der Cochlea-Implantat & Hörgeschädigte Selbsthilfegruppe Südwestfalen, die am Samstag im Kreuztaler Feuerwehrgerätehaus an einem Nachmittag Brandschutzaufklärung für Hörgeschädigte teilnahmen - möglicherweise der erste dieser Art in der Region. "Ich wusste am Anfang nicht, wie ich damit umgehen sollte, als mich die Anfrage der Selbsthilfegruppe erreichte", gestand Kreuztals Feuerwehrchef Berthold Braun gestern den knapp 30 Gästen im Schulungsraum. Doch auf sein rühriges Team "Brandschutzerziehung und -aufklärung" konnte er sich auch diesmal verlassen: Kerstin Schreiber, Ingolf Graf und ihre Mitstreiter hauptsächlich aus der Löschgruppe Fellinghausen unterrichteten am Samstag ganz nach den Bedürfnissen von Menschen, die für deutliches Sprechen und Lippenkontakt dankbar sind. Zusätzlich hatten Gäste und Feuerwehr gemeinsam eine induktive Höranlage installiert, die die Verständigung optimierte.

Auch heikle Themen kamen zur Sprache

Viele Tipps und Hinweise zum richtigen Umgang mit Brandgefahren machten an diesem Tag in der Leystraße die Runde unter Hörgeschädigten - die meisten betreffen Menschen mit und ohne Hörschädigung gleichermaßen. Doch dann kamen auch die heiklen Themen zur Sprache, zum Beispiel das Entdecken eines Brandes in den eigenen vier Wänden. Für normal Hörende kein Problem, wenn sie mehrere der im Schnitt zehn Euro teuren Standard-Rauchmelder in der Wohnung installiert haben. "Die Rauchmelder arbeiten für uns, wenn unsere Nase schläft", klärte Kerstin Schreiber die Teilnehmer auf. Doch was nützt ein schriller Piepton, wenn Hörgeschädigte nachts keine Hörhilfen tragen? "Der Knackpunkt ist nachts, wenn ich schlafe", das weiß auch schon der Wilnsdorfer Klaus Büdenbender. Er trägt selbst zwei Implantate, die Schallwellen als elektrische Impulse weiterleiten und so annähernd taube Menschen zu Hörenden macht - zumindest dann, wenn die Geräte in Dienst sind. Als Spezialist für das Thema "Hörgeschädigten-Notruf" im Deutschen Schwerhörigenbund habe sich Büdenbender einmal vorrechnen lassen, was eine Kopplung von Rauchmeldern für Hörgeschädigte an seine hauseigene Blinkanlage kosten würde: 3.500 Euro wären dafür fällig. Das Tragische, so der Betroffene: "Die Krankenkasse sieht einen Rauchmelder nicht als Hilfsmittel, sondern als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens", eine finanzielle Förderung sei damit so gut wie ausgeschlossen. Da horchten die Frauen und Männer der Selbsthilfegruppe am Samstag auf, als die Kreuztaler Feuerwehr ihnen mit dem noch 85 Euro teuren, aber vergleichsweise günstigen Rauchmelder mit Blitz- und Vibrationsalarm eine zumindest bezahlbare Alternative demonstrierte.

Notruf-App kommt

Doch wie setzt ein Schwerhöriger einen Notruf ab? Das Notruf-Fax, das die Kreuztaler Feuerwehr auf ihrer Homepage als Vorlage bereithält, ist eine Alternative, die allerdings nicht jeder der anwesenden Schwerhörigen nutzt - schlicht mangels Faxgerät. Die zehnjährige Alena griff in die Diskussion ein und berichtete von ihrem Handy mit "T-Spule", die sich mit ihrer Hörhilfe verbindet und damit eine beidseitige Verständigung möglich mache. Zusätzlich verriet Klaus Büdenbender, dass im kommenden Jahr bundesweit eine kostenfreie Notruf-App verfügbar sein soll, die auch Hörgeschädigten das gezielte Absetzen eines Notrufs ermöglichen wird - noch besser als die bisher kostenpflichtigen Varianten kommerzieller Anbieter. Im praktischen Teil des Unterrichtsnachmittags demonstrierte die Feuerwehr ihren Gästen die Gefährlichkeit einer Fettexplosion durch Löschen eines Fettbrandes mit Wasser und wies sie im Umgang mit Feuerlöschern ein - jeder Teilnehmer durfte sein echtes Feuer löschen.

Feuerwehr lernt von ihren Gästen

Im Resümee dieser "sonder"-pädagogischen Premiere für die Kreuztaler Brandschutzerzieher - allesamt aktive Mitglieder der Einsatzabteilung - bleibt die Frage, wer von wem mehr gelernt hat: Das, was die Brandschützer im persönlichen Gespräch über das Leben mit Hörschädigung und Hörhilfen erfuhren, war mindestens genauso aufschlussreich wie ihr Detailwissen über Brandgefahren. Mindestens zwei Sätze bleiben haften: "Wir kommen und holen Sie da raus", versicherte Kerstin Schreiber als Feuerwehrfrau den Bürgern. Und die dank technischer Hilfe nicht mehr taube Alena Becovic ergänzte die Empfehlung "bei Feuer Ruhe bewahren" mit einem Tipp, den auch mancher Feuerwehrmann dann und wann beherzigen könnte: "Dann sollte man erst dreimal ruhig einatmen. Das beruhigt das Herz." bjö


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